Budgetbegleitgesetz 2021 Änderungen im Sachverständigen- und Gebührenrecht

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Am 1.1.2021 ist das Budgetbegleitgesetz 2021 (BGBl. I Nr. 135/2020) in Kraft getreten, mit dem unter anderem das Gerichtsorganisationsgesetz, das Sachverständigen- und Dolmetschergesetz und das Gebührenanspruchsgesetz geändert wurden.

Vorbemerkung

Die Änderungen wurden - entgegen jahrzehntelang geübter Tradition - vorab weder mit dem Hauptverband besprochen, noch wurde dieser eingeladen, eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf abzugeben. Die Änderung des Gebührenanspruchsgesetzes (GebAG) bleibt auch weit hinter dem zurück, was der Hauptverband seit Jahren fordert und was nötig wäre, um die völlig unzeitgemäßen Regelungen dieses Gesetzes an moderne Gegebenheiten anzupassen, dies etwa bei den Tarifen oder beim Ersatz der Kosten für Hilfskräfte. Der Verband hat den Verantwortlichen seinen Unmut über diese Vorgangsweise zur Kenntnis gebracht und sie eindringlich aufgefordert, endlich eine umfassende Novellierung des GebAG und insbesondere des längst überholten Tarifsystems anzugehen.


Die Änderungen im Einzelnen: 

Gerichtsorganisationsgesetz (GOG)

a) Gesetzlicher Bestellungsvorrang für allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige

In § 86 Abs 1 GOG wird ein gesetzlicher Bestellungsvorrang für die in die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste (§ 2 Abs. 1 SDG) eingetragenen Personen in gerichtlichen und staatsanwaltschaftlichen Verfahren normiert. Andere geeignete Personen können gemäß § 86 Abs 2 nur unter der Voraussetzung bestellt werden, dass eingetragene Sachverständige nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung stehen. Diesfalls hat die betreffende Person vor oder gegebenenfalls mit dem Beginn ihrer Tätigkeit im Verfahren ihre Ausbildung und Qualifikation darzulegen und ihre Vertrauenswürdigkeit nachzuweisen; von einem Nachweis der Vertrauenswürdigkeit kann nur dann abgesehen werden, wenn dies aufgrund der Besonderheiten der Verfahrensart und der konkreten Umstände des Tätigwerdens ausnahmsweise nicht erforderlich erscheint. Bei fehlender Qualifikation oder unzureichendem Nachweis der Vertrauenswürdigkeit ist von einer Bestellung Abstand zu nehmen. Bei den in Abs 1 genannten Personen genügt gemäß § 86 Abs 3 der Hinweis auf die aufrechte Zertifizierung (§ 1 SDG).

b) Bei elektronischer Übermittlung des Gutachtens keine Unterfertigung erforderlich

In § 89c Abs 5a GOG wird klargestellt, dass bei Gutachten, die im elektronischen Rechtsverkehr (ERV) übermittelt werden, das Erfordernis der Unterfertigung entfällt. Durch die Übermittlung im Wege des ERV sind die Datensicherheit und -integrität der übermittelten Dokumente sichergestellt, ebenso ist durch technische und organisatorische Maßnahmen gewährleistet, dass die Eingabe nur von der- oder demjenigen elektronisch eingebracht werden kann, die oder der in der Eingabe als Einbringerin oder Einbringer bezeichnet wird.


Sachverständigen- und Dolmetschergesetz (SDG)

Rezertifizierungsverfahren - Überprüfung der fachlichen Eignung - Stellungnahme der Zertifizierungskommission

Gemäß § 6 Abs 3 letzter Satz SDG sollen die zuständigen Landesgerichtspräsidentinnen und -präsidenten im Rahmen des Rezertifizierungsverfahrens von der (bisher schon bestehenden) Möglichkeit der Einholung einer begründeten Stellungnahme der Zertifizierungskommission oder der Äußerung eines Mitglieds dieser Kommission insbesondere dann Gebrauch machen, wenn die weitere Eignung der oder des Sachverständigen auf der Grundlage der vorhandenen Informationen und Unterlagen nicht verlässlich beurteilt werden kann. Die Bestimmung soll den für die Rezertifizierung zuständigen Entscheidungsorganen insbesondere dann eine entsprechende Handhabe bieten, wenn die Qualität der gutachterlichen Tätigkeit der oder des Sachverständigen wegen der Seltenheit seiner oder ihrer Bestellung nicht hinreichend bekannt ist oder insgesamt keine hinreichenden Grundlagen vorhanden sind, um das Erfordernis der unverändert gegebenen fachlichen Eignung ohne zusätzliche fachliche Expertise eindeutig beurteilen zu können.


Gebührenanspruchsgesetz (GebAG)

Optionaler Stundentarif für besonders zeitaufwändige psychiatrische Untersuchungen

Für besonders zeitaufwändige psychiatrische Untersuchungen samt Befund und Gutachten kann nunmehr anstelle der Tarife nach § 43 Abs 1 Z 1 lit d und e eine Mühewaltungsgebührnach der für die Untersuchung samt Befund und Gutachten aufgewendeten Zeit angesprochen werden. Gleiches gilt für Untersuchungen samt Befund und Gutachten zur Beurteilung, ob eine psychisch kranke Person ohne Gefahr in anderer Weise als durch Unterbringung in einer psychiatrischen Abteilung oder durch strafrechtliche Unterbringung behandelt oder betreut werden kann. Die Höhe der Gebühr ist mit 110 € (netto) für jede, wenn auch nur begonnene Stunde, gesetzlich vorgegeben. Ausgenommen sind Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs 2 ASGG und Sozialrechtssachen nach § 65 ASGG, hier bleibt es also beim Tarif. Die neue Regelung ist auf die Gebühren für alle Tätigkeiten anzuwenden, die nach dem 31. Dezember 2020 begonnen worden sind.


Hinter den Links finden Sie die Gesetzestexte SDG und GebAG zum Herunterladen. Die im Begutachtungsverfahren abgegebene Stellungnahme des Verbandes zum Gesetzesentwurf finden Sie hier.
Die tagesaktuelle Fassung des GebAG erhalten sie hier

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